Alle technischen Bilder, so auch die Fotografie, sind nach Flusser, kodifizierte Begriffe zu deskriptiven Sachverhalten. Initial bestimmt der Fotograf durch seine Begriffe – sein Topos – das Bild. Aber auch der aufzeichnenden Apparaten, durch vorprogrammierte und gesteuerte Gesten, greift in die Begrifflichkeit ein. Analog denke man hierbei nur an die schiere Vielzahl der möglichen Programme moderner Digitalkameras, die die eigene Begrifflichkeit, als Ausprägung des kreativen Benutzers limitieren und unterdrücken. Für die moderne Fotokritik ergibt sich daraus das Problem der doppelt rekursiven Dekodierung. “Der Fotograf verschlüsselt seine Begriffe zu fotografischen Bildern, um anderen Informationen zu bieten, um Modelle für sie herzustellen und damit im Gedächtnis der anderen unsterblich zu werden. Der Apparat verschlüsselt die in ihn programmierte Begriffe zu Bildern, um die Gesellschaft für ein Feedback-Verhalten zugunsten fortschreitender Apparatverbesserungen zu programmieren.” (Flusser, Für eine Philosophie der Fotografie). Spontan fallen einem dazu zwei Aspekte ein. Thomas Ruffs Interior Fotografien, die nicht mehr durch eine innere Vergleichsebene eine Typologie der Räume erstellen will, sondern diese Abbilder sollen wieder als exemplarische Anschauung verstanden werden. Und zum anderen der industrielle Wahn neuer Modelle digitaler Kameras, deren Verfallsdatum ungefähr dem Produktzyklus entspricht. Dabei spielen nicht mehr technische Innovationen eine entschiedene Rolle, sondern immer öfter marktgerechte Absatzchancen. Parallel sollte es dennoch der Fotokritik gelingen, diese kodifizierten Ebenen zu entschlüsseln, damit wäre es dann möglich die personelle Botschaft, ihre Absicht zu entziffern. Solange das nicht gelingt, bleibt die Fotografie unentziffert und eine bloße Abbildung eines Sachverhaltes auf einer Fläche, in einem um zwei Dimensionen verkürzten Universum. Flusser bemerkt abschließend dazu kritisch: “Derart unkritisch gesehen, erfüllen sie ihre Aufgabe vorzüglich: das Verhalten der Gesellschaft magisch im Interesse der Apparate zu programmieren.”